Vortrag und Diskussion:
Prof. Oskar Negt: Arbeit und menschliche Würde
30.Oktober 2002
Als Gewerkschafter und Sozialist begreift Oskar Negt die „Arbeit“ als eine Zentralkoordinate seines wissenschaftlichen und politischen Wirkens. Was ist
„menschliche Würde“ und worin besteht der innere und zwingende Zusammenhang zur Kategorie der Arbeit? Oskar Negt offenbart vielfältige und darunter auch politisch widersprüchliche Facetten als Wissenschaftler
und Politiker: Vom kritischen Weggefährten der Frankfurter Schule und seines späten „Vollstreckers“ Jürgen Habermas zum engagierten Gewerkschafts- und Lerntheoretiker bis hin zum Berater Gerhard Schröders,
der wie kein anderer sozialdemokratischer Karrierepolitiker, den „Aufstieg“ vom linken Jusoaktivisten zum Kanzler einer „neuen Mitte“ inszeniert hat.
Aber die über den Wahltermin hinausreichenden,
für die Linke lebenswichtigen Fragen sind jene, die Negt zu den Wandlungen des Kapitalismus, der Kritik an postmodernen, affirmativen Theoriemustern („Krise der Arbeitsgesellschaft“, die Becksche Theorie der
„Zweiten Moderne“ und der „Risikogesellschaft“ u.a.) und postreformistischen Konzeptionen a la Giddens „neuer Sozialdemokratie“ thematisiert. Es gehört zu seinen besonderen Vorzügen, scharf und
treffsicher diese Auffassungen zu kritisieren und die dabei aufgeworfenen Fragen in den Diskurszusammenhang eines alternativen, emanzipatorischen Gesellschaftsentwurfs („Politische Ökonomie des ganzen Hauses“)
einzubringen. Ausgehend von einer Durchdringung und Entfaltung des Krisenbegriffs entwickelt Negt seine Fragestellung der gegenwärtigen „Krise der Erwerbsgesellschaft“.
Das Buch „Arbeit und menschliche Würde“, das Negt in der Veranstaltung vorstellen wird, ist das bemerkenswerte Zeugnis eines
wissenschaftlichen und politischen Zeitgenossen, der Reflexionsvermögen, historisch-kritisches Denken, philosophische Diskursfähigkeit, politische Streitlust und das Nachdenken über eine humane
Gesellschaftsalternative zum Kapitalismus auf anspruchsvolle und spannende Weise zusammenführt. Gerade in heutigen Zeiten kann sein aufklärerischer Horizont, der meisterhafte Stil und auch die brillante Polemik
Spaß machen und Mut – Spaß am Eingreifen und Mut auf Veränderung.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin
Mittwoch, 30.Kotober 2002 - 19:30 Uhr
Christuskirche Eimsbüttel, Gemeindesaal, U-Bahnstation Christuskirche
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